Hundeschulen
gibt es immer mehr. Es gibt mobile HundetrainerInnen, HundeverhaltensberaterInnen und stationäre Hundeschulen, mittlerweile auch gern Hundezentren genannt, die vom Welpenkurs bis zu jeder erdenklichen Sport- und Beschäftigungsart viele verschiedene Kurse im Programm haben.
Das Angebot ist also groß! Ob es immer auch gut ist??? Diese Frage ist schwer zu beantworten.
Erst im vergangenen Monat erfuhr ich von einem Vorfall ganz in der Nähe, wo sich eine Kundin eine alteingesessene renommierte Hundeschule angesehen hatte in der die Trainerin vor den Kunden ihre eigene junge Schäferhündin wegen Nichtbefolgens eines Kommandos (Sitz-Bleib) „aufgehangen“(Hund wird an der Leine sekundenlang so hoch gehalten, das keine Pfote mehr den Boden berührt) hat. Diese strafbasierte (und vermutlich auch heute durch das Tierschutzgesetz verbotene) Methode ist noch aus einer Zeit von vor 30 Jahren, damals in den sogenannten Schäferhundevereinen oft praktiziert, und hat in der heutigen Zeit absolut gar nichts mehr im Umgang mit Hunden zu suchen. Letzte Woche wurde mir dann die Werbeheadline dieser besagten Hundeschule in den sozialen Medien zugespielt: „Die Hundeschule ihres Vertrauens, zeitgemäße und artgerechte Ausbildung ihres Hundes ohne Zwang.“
Eine andere Hundeschule im Nachbarkreis bescherte meiner Trainerkollegin vor einiger Zeit einige Welpenbesitzer, die zuvor in einem Welpenkurs einer Hundeschule ihre Hunde in einen quadratischen umzäunten Auslauf zu verbringen hatten. Alsdann schickte der Trainer seine 3 eigenen erwachsenen Hunden zur „Maßregelung“ der Zwerge hinein und untersagte gleichzeitig den entsetzten Haltern den Zutritt zu ihren Hunden mit den Worten: „Meine Hunde sozialisieren die Welpen gerade.“ Ahhh jaa, in meinen Augen ist das eine klassisch konditionierte Artgenossenunverträglichkeit, die dort vermittelt wurde.
Zu aller erst muss natürlich gesagt werden, dass eine Hundeschule in erster Linie ja für den Hundehalter und weniger für den Hund gedacht ist. Dieser soll in den Kursen vermittelt bekommen, wie er mit seiner Körpersprache und einigen Trainingsmethoden seinem Hund vermitteln kann, was er von ihm – dem Hund- erwartet und welches Verhalten er seinem Hund beibringen möchte. Dies sollte nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen vermittelt und positiv aufgebaut werden, natürlich ohne Strafe.
Doch bei dem Wort „Strafe“ scheiden sich hier schon wieder die Geister. Es gibt HundetrainerInnen, bei denen schon ein hart ausgesprochenes NEIN! eine strafbasierte Maßnahme darstellt. Ich möchte mich hier auf den umgangssprachlichen Begriff der Strafe, wie Schläge, Tritte, Stachelhalsband, Stromhalsband und andere unvertretbare Maßnahmen, die dem Hund körperliche Schmerzen zufügen, beschränken.
Eigentlich muss die Frage also eher lauten: „Muss ICH (stellvertretend für den Halter) in die Hundeschule?“ Oder bin ich so fit in der Kommunikation mit meinem Hund, dass ich mir das allein zutraue. Vielleicht haben Sie sich sehr gut belesen, Sie wissen das Hunde sehr viel körpersprachlich kommunizieren, auch mit ihrem Menschen. Sie wissen viel über die verschiedenen Lerntheorien und die Bedürfnisse von Hunden. Dann bleibt aber immer noch die Frage, ob Sie es auch richtig umsetzen können. Und ein Blick von außen schadet ja bekanntlich auch nicht.
Das leidige Thema „Theorie“, warum mache ich denn eine Übung so oder so, oder warum ist es wichtig auf meine Körpersprache zu achten? Was vermittele ich meinem Hund, wenn ich etwas so oder so anleite und wieso funktioniert eine Trainingsweise und eine Andere eben nicht?
Und dabei kommt es nicht nur auf das Angebot und die Qualität des Hundetrainings an, sondern es liegt immer ein bisschen auch bei Einem selbst, ob eine Hundeschule für Hund und HalterIn das Passende ist.
Passen die Termine in Ihren Tagesablauf?
Möchten Sie sich für einen mehr oder minder längeren Zeitraum festlegen, an einem bestimmten Tag zu einer festgesetzten Uhrzeit binden?
Haben Sie Lust auch mal bei strömendem Regen auf dem Platz zu stehen?
Nichts ist für eine Hundeschule und die Gruppe unbefriedigender als Kunden, die immer nur jedes 4. Mal kommen, oder ständig unpünktlich und abgehetzt erscheinen. Liegt für Sie die Gruppenstunde beispielsweise zwischen zwei Alltagstermine, und ist sie statt Qualitäts-Zeit für Sie und Ihren Hund eher ein weiterer Termin auf Ihrer Tagesordnung?
Dann überdenken Sie Ihre Teilnahme noch einmal. Denn davon haben weder Ihr Hund, noch Sie etwas.
Vor einiger Zeit stand ich vor einer fortgeschrittenen Gruppe und wollte, wohlgemerkt bei strahlendem Herbstwetter, ein paar Minuten etwas theoretisches Wissen an „die Frau und den Mann“ bringen, als ich nach dem 3. Satz von einer Kundin zu hören bekam: „Dem Idefix ist langweilig, der möchte jetzt was machen!“ Besagter Idefix war total hibbelig, schon bereits als er auf dem Hundeplatz angekommen war. Ein Phänomen das wir Trainer oft beobachten. Doch die Kunden, die in eine Hundeschule kommen wollen „was MACHEN“. TUN, nicht zuhören. Übungen MACHEN, nicht wissen worauf diese basieren und was man seinem Hund neben Sitz, Platz und Fuß noch so vermitteln kann. Irgendwie verknüpfen die meisten Menschen mit Hundeschule Aktionen. „Und was MACHT ihr da so?“ wird dann der Halter gefragt, wenn er erzählt, dass er mit Pluto nun in einer Hundeschule ist. Also der Hund geht in die Hundeschule und da MACHT er dann was.
Dabei ist theoretisches Grundwissen so wichtig. Und dabei meine ich jetzt nicht, das man 3 Stunden auf einem Hundeplatz stehen muss, mit dem Hund im PLATZ-BLEIB. Es gibt so schöne Möglichkeiten, gerade seit der Corona Zeit. Online Vorträge gemütlich vor dem Bildschirm, oder auch in Präsenz in einer netten Runde, wo dann auch mal Zeit wäre Fragen zu beantworten oder Wunschthemen zu behandeln.
Nebenbei lernt natürlich auch der Hund in einer Gruppenstunde in der Hundeschule, nämlich sich unter Artgenossen immer noch auf seinen Halter zu konzentrieren. Es wird geübt ohne Kontakt zum anderen Hund an einem anderen Mensch-Hund vorbeizugehen, oder liegen zu bleiben, wenn andere Hunde herumlaufen, um nur einmal 2 mögliche Übungen zu benennen, was in Hundeschulen so unterrichtet und geübt wird.
Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, ob man mit seinem Hund zwingend in eine Hundeschule MUSS, möchte ich diese Frage mit Nein beantworten, denn MÜSSEN MUSS man nicht. Weder der Hund noch der Halter. Und ja, es ist auch heut noch möglich einen wohl erzogenen Hund an seiner Seite zu haben ganz ohne dieses ganze Wissen um Lerntheorien und Methoden. Und ja es gibt sie noch, die Menschen, die rein intuitiv ihren Hund durchs Leben führen, eine gute Bindung zu ihrem Hund haben und aus dem Bauch heraus ihren Hunden ein gutes Benehmen vermitteln können.
Anders herum reicht es, meiner Meinung nach jedoch nicht aus, wenn HundetrainerInnen ohne jegliche Ausbildung, nur mit dem reinen Bauchgefühl, oder gar noch der Aussage „ich bin mit Hunden aufgewachsen“ sich befähigt fühlen Hundeverhalten anzulernen oder mit Mensch und Tier gewerblich, also gegen Bezahlung, zu arbeiten. Der Laie selbst jedoch kann nur schwer beurteilen, ob nun die TrainerInnen der Hundeschule seiner Wahl eine gute oder eher weniger gute Ausbildung haben. Und selbst diejenigen, die eine vermeintlich gute Ausbildung haben, sind nicht immer Garanten für ein gewaltfreies Training, und andersherum sind nicht alle TrainerInnen, die sich seit 40 Jahren am Markt befinden, in den 80ern stehen geblieben oder verschließen sich Weiterbildungen.
Doch wenn Sie sich für den Besuch einer Hundeschule mit ihrem Vierbeiner entschieden haben, so bedenken Sie, dass es sich hier in erster Linie um eine Bildungseinrichtung handelt, in der Sie Anleitungen zum Umgang mit Ihrem Hund vermittelt bekommen, die Sie dann auch in ihrem täglichen Alltag anwenden sollten, um einen nachhaltigen Erfolg zu bekommen.
Immer wieder hören wir den Satz „Ja, hier auf dem Platz kann die Molly das alles, aber sobald wir den Platz verlassen hat sie alles wieder vergessen“.
Nein, Molly hat nicht alles vergessen, nur lernen Hunde ortsbezogen und man muss das Gelernte eben auch an anderen Orten weiterführen und nicht nur auf dem Hundeplatz. Ich finde es immer wieder unfair, wenn Kunden kommen und berichten, dass sie schon in Hundeschule A und B und C waren, aber das ja „alles nichts gebracht hat“. Wir brauchen meist auch nur 2 oder 3 Stunden um festzustellen, das Training tatsächlich nur in der wöchentlichen Stunde in der Hundeschule stattfindet und im Alltag einfach das vermittelte Wissen nicht übertragen und fortgeführt wird. Das ist nicht fair gegenüber den Hundeschulen in denen der Kunde/die Kundin vorher war, denn diese haben nicht zwangsläufig schlechte Arbeit geleistet oder keine Ahnung gehabt. Da ist es dann schon notwendig das eigene TrainingsVersäumnis auch zu erkennen.
Womit wir dann wieder bei der Theorie wären ohne die es in meinen Augen eben auch nicht geht. Nur wenn die Halter verstehen, das Kontinuität, Konsequenz aber auch Geduld zum richtigen Verhalten führen, können sie die Notwendigkeit von zielgerichtetem Training und eigenem Verhalten erkennen. Hunde lernen schnell! Wenn sie an der Leine ziehen und bekommen einen Stromstoß, der durch Mark und Bein fährt, dann werden sie es spätestens beim 2. Mal sicher lassen. Doch wer möchte denn heute noch seinen Besten Freund so behandeln?
Hier hilft Aufklärung, nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und die Vermittlung, dass ein Hund auch schnell lernt nicht mehr an der Leine zu ziehen, wenn es für richtiges Verhalten eine Belohnung, etwas Schönes anstatt etwas Schlimmes gibt.
„Wo Wissen aufhört, fängt Gewalt an“
Dieser wichtige Satz sollte jeden Halter dazu veranlassen sich Wissen über Hundehaltung, über den Umgang mit dem Hund und dessen Bedürfnisse, anzueignen.
Fragen Sie, ob sie einmal bei einer Stunde in der Hundeschule ihrer Wahl zuschauen dürfen und nehmen Sie ihren Hund zu diesem Termin nicht
mit. So können Sie sich ganz wertfrei einmal die Hunde dort anschauen. Ist es ein freudiges Arbeiten, erkennen Sie vielleicht sogar ein Wedeln, wenn sich der Trainer/die Trainerin dem Tier nähert, oder beobachten Sie ein Ducken, ein ängstlicher Blick des Hundes? Welche Stimmung herrscht auf dem Platz? Kasernenton oder wird auch mal gelacht?
Seien Sie offen für das was Ihnen in Hundeschulen vermittelt wird. Doch geben Sie Ihren Verstand und Ihr Bauchgefühl nicht am Eingang zum Trainingsgelände ab
und seien Sie auch nicht blind gegenüber fragwürdigen Methoden, die sich für Sie nicht gut anfühlen.
Haben Sie den Mut,
sich dem Trainer/die Trainerin entgegenzustellen und STOP zu sagen wenn dort etwas passiert, das Ihnen nicht gefällt. Scheuen Sie nicht das Gespräch, denn es ist IHR Hund, und er hat eine nette Behandlung verdient.
Gehen Sie, wenn Sie sich nicht wohlfühlen, egal wie viele positive Bewertungen die Hundeschule auch hat, oder wie sehr Ihnen der Trainer/die Trainerin auch empfohlen wurde. Bedenken Sie, das egal was dem Hund in der Hundeschule widerfährt, er das auch mit Ihnen verknüpfen wird,
denn Sie gehen ja mit ihm dorthin.
Ihr Hund sollte freudig ins Auto springen, wenn es zum Hundetraining geht und auch Sie selbst sollten es nicht als leidige Pflicht ansehen, sondern ebenfalls mit Freude hingehen, auch Ihre Stimmung überträgt sich auf Ihren Liebling.
Denn dann haben auch alle 3 etwas vom Besuch einer Hundeschule – Halter, Hund und Trainer!!